100-ųjų gimimo metinių proga VU Vokiečių filologijos katedra skelbia kelias ištraukas iš docentės Inos Meiksinaitės skaitytų paskaitų – taip, kas jas pasižymėjo studentai.
Inai Meiksinaitei, vienai žinomiausių Lietuvos germanisčių, šių metų sausio 19 d. būtų sukakę 100 metų. Apie 50 metų ji dirbo dėstytoja ir docente Vilniaus universiteto Vokiečių kalbos ir literatūros katedroje, vėliau – Vokiečių filologijos katedroje, ir išugdė ne vieną studentų kartą. Būtent ji pasibaigus antrajam pasauliniam karui pradėjo kurstyti germanistikos židinį Lietuvoje, todėl jai turėtume būti dėkingi už dalį vokiečių filologijos, kurią turime dabar.
Šia proga skelbiame kelias ištraukas iš I. Meiksinaitės paskaitų „hegzametro“, kuri jį kalbėjo studentams be jokių užrašų. Tai kelios ištraukos iš jau pageltusių studentų sąsiuvinių apie Tomo Mano romaną „Daktaras Faustas“, vokiečių romantinės literatūros bruožus, Henriko fon Kleisto ir Henriko Heines kūrybinį kelią.
Šiandien daug informacijos apie šiuos rašytojus galime rasti ir internete, tačiau niekas nepakeis gyvo žodžio ir gyvenimo išmintimi šviečiančių I. Meiksinaitės akių. Grįžimas į praeitį ir prisiminimus visuomet primena ir paprastą, tačiau svarbią tiesą: kol gyvename – gyvenkime.
Thomas Manns Roman „Doktor Faustus“
„Doktor Faustus“ ist wohl das größte Werk von Thomas Mann. Das ist ein Roman unserer Epoche. Ein Roman über die Intelligenz in der Zeit der beiden Weltkriege, des Hitlerregimes, der die Frage stellt, was für eine Position ein Vertreter der Intelligenz im 20. Jahrhundert einnehmen soll. Die zweite Frage ist, welche Aufgaben die Kunst in unserer bewegten Epoche hat. Als Th. Mann die Arbeit am „Doktor Faustus“ aufnimmt, ist es gerade das Jahr 1943, die Zeit nach der Schlacht bei Stalingrad. Th. Mann lebt in den Vereinigten Staaten als Emigrant mit seiner Familie. 1946 beendet er den Roman. Als er ihn beendet hat, fragt ihn seine Frau, wie er in seinen Aufzeichnungen berichtet, ob er fertig ist. – Ja, ich habe meine moralische Pflicht getan. Warum eine moralische?
Th. Mann wurde in Lübeck in einer Kaufmannsfamilie geboren. Er hatte zwei Brüder und zwei Schwestern. Der älteste Bruder, Heinrich Mann, fortschrittlich gesinnter Schriftsteller, der aktiv an dem gesellschaftlichen Kampf teilnahm, übte vor allem in seinem Roman „Der Untertan“ bittere Kritik an dem kaiserlichen Deutschland und am Untertan der Geister, der Bürgerklasse. Eine Schwester beging früh Selbstmord, die andere starb früh. Viktor Mann war ein Agronom, überlebte das Hitlerregime und verfasste nach dem Weltkrieg einen Familienroman „Wir waren fünf“.
Th. Mann siedelte nach München um, wo er die Tochter eines Mathematikprofessors, Katia Pringsheim, heiratete, das schönste und das reichste Mädchen in München.
Th. Mann begann seine schriftstellerische Tätigkeit mit Novellen und Romanen, in denen er die Krise der bürgerlichen Gesellschaft darstellt. Als der Erste Weltkrieg begann, gingen Thomas und Heinrich auseinander. Heinrich Mann nahm eine antimilitärische, pazifistische Position ein, während Thomas Mann sich den nationalistischen Stimmungen Anfang der Krieges ergab. Als 1914, nachdem Deutschland den 1. Weltkrieg entfesselt hatte, 93 deutsche Intellektuelle einen Aufruf an die Völker Europas veröffentlichten, in welchem sie die militärische Einstellung des deutschen Reiches rechtfertigten, unterschrieb Th. Mann auch dieses Dokument. Heinrich Mann schloss sich den Pazifisten an, die um Romain Rolland in Genf gruppierten, und mit fünf anderen deutschen Intellektuellen veröffentlichte eine Gegendeklaration.
Th. Mann schreibt 1918 ein großes Essay „Bekenntnisse eines Unpolitischen“. In diesem Essay propagiert er die Notwendigkeit für einen Intellektuellen, abseits von aller Politik zu stehen. Das Leben der Gesellschaft geht ihn nichts an. Er steht jenseits von ihren Problemen. Hier verspottet er die Pazifisten, Romain Rolland, seinen Bruder Heinrich. Nach diesem Roman sind die Brüder verfeindet und nur als Ende der 20-ger Jahre, Anfang der 30-ger Jahre klar wird, dass die Faschisten zur Macht kommen können, beschließt Th. Mann in die Politik aktiv einzugreifen. 1932, vor den Wahlen in den Reichstag tritt Th. Mann in Berlin öffentlich auf, agitiert für die Demokraten, gegen die Faschisten, jetzt reichen die Brüder einander die Hand. Als 1933 Hitler zur Macht kommt, befindet sich Th. Mann mit seiner Familie auf einer Auslandsreise. Als ihn die Botschaft erreicht, dass Hitler zur Macht gekommen ist, beschließ er als Zeichen des Protests mit seiner ganzen Familie nicht nach Deutschland zurückzukehren. Sie gehen zuerst in die Schweiz, dann in die USA. Während des 2. Weltkrieges spricht er jede Woche durch BBC in den Sendungen „Deutsche Hörer”, er wendet sich an seine deutschen Mitbürger, indem er das faschistische Regime demaskiert.
Th. Mann gilt in jener Zeit als der bedeutendste Romancier. 1928 hat er den Nobelpreis bekommen. Außerdem imponiert seine politische Position.
1943 beginnt er in Kalifornien am „Doktor Faustus“ zu arbeiten, dem Roman über die Intelligenz. Da hält er Gerichtstag über sein eigenes „ich“. Zugleich ist dieser Roman eine Auseinandersetzung mit der Philosophie von Nietzsche, denn diese Philosophie hat Anfang des Jahrhunderts einen sehr großen Einfluss auf die Intelligenz, auf Th. Mann selbst, ausgeübt.
Nietzsche ist in die deutsche Geistesgeschichte als Philosoph und als Dichter eingegangen und er wirkte auf die deutsche Intelligenz sowohl durch seine Philosophie als auch durch seine Dichtung. Seine sehr emotionalen, ausdrucksvollen Gedichte wurden zum Ausdruck der Grundsätze, die die ganze Generation beherrschte. Nietzsche, im Gegensatz zu den anderen deutschen Philosophen, schafft kein philosophisches System. Seine Philosophie besteht aus Sentenzen, aber wenn all das summiert, gewinnt man ein bestimmtes weltanschauliches Panorama. Nietzsche meint, dass es zwei Sorten von Menschen gibt: die begabten, die starken, die dazu berufen sind, zu herrschen, alle Güter dieser Welt zu genießen, die Übermenschen; aber der größte Teil sind schwache Menschen, die nur gehorchen können, die Untermenschen. Die Übermenschen sind dazu berufen, die Untermenschen auszubeuten. Wer ein Übermensch ist, ist logisch nicht festzustellen, man muss das fühlen. Diese Philosophie übte auf die deutsche Intelligenz einen sehr starken Einfluss aus, das spiegelt sich im Essay von Th. Mann. Was geht es den Übermenschen an, dass Menschen auf den Schlachtfeldern fallen. Diese Philosophie eignete sich auch der deutsche Faschismus an. Der Begriff „Übermensch“ wurde an ein ganzes Volk angewandt. Die Deutschen sind eine höhere Rasse, die Übermenschen.
Als der Faschismus zur Macht kommt, sieht Th. Mann die Verderblichkeit dieser Philosophie und in seinem Roman „Doktor Faustus“ setzt er sich mit dieser Philosophie auseinander.
Der Held Adrian Leverkühn, ein hochbegabter Komponist, ist der Übermensch und in seinem Bild verkörpert Th. Mann Nietzsche.
Die Struktur des Romans
Der Roman spielt auf drei Ebenen: die eine Ebene ist die Zeit des 2. Weltkrieges, 1943–1946. In dieser Zeit schreibt Serenus Zeitblom, ein Gymnasialprofessor, die Biographie seines Freundes, des Komponisten Adrian Leverkühn, und schildert dabei die Ereignisse des 2. Weltkrieges. Er ist ein Altphilologe, hat im Gymnasium unterrichtet, hat eine einfache Frau, zwei Söhne. Als Hitler zur Macht kommt, kann und will er nicht unterrichten, was die Faschisten von ihm verlangen. Er unterrichtet nicht mehr und schreibt seine Aufzeichnungen. Er hat den Faschismus nie zugestimmt, aber er hat auch nie aktiv gegen ihn gekämpft. Er ist ein Außenseiter. Er hat nicht einmal seine Söhne erzogen, sie sind Faschisten geworden.
Die zweite Ebene ist das Leben des Komponisten Adrian Leverkühn vom Anfang des Jahrhunderts bis 1940. Er ist außergewöhnlich begabt. Von Jugend an zeichnet er sich durch sein Talent aus. Er lebt ganz in seiner Kunst, die anderen Menschen interessieren ihn nicht. Er geht wie Nietzsche einmal in ein Bordell und lernt eine Frau (Esmeralda) kennen, die ihm gefällt, und wird krank an Syphilis. Alle seine Kontakte mit Menschen fehlen. Sein Versuch, einen Freund zu gewinnen, misslingt, eine Frau heiraten gelingt auch nicht, endlich gewinnt er einen Knaben lieb, aber er stirbt. Th. Mann stellt die Ästhetik der Dekadenz dar, die auf Nietzsche gründet. Von Nietzsches Standpunkt ist die Kunst ein Ausdruck der Innerlichkeit, die Kunst drückt die Gefühle des Menschen aus, dabei hat sie keine sozialen Aufgaben. Diese Kunst praktiziert Adrian. Er schreibt schließlich eine Kantate, die dem legendären Doktor Faustus gewidmet ist. Nachdem er diese Kantate seinen Freunden vorgespielt hat, verfällt er in Wahnsinn. Hat Adrian seine Pflicht den Menschen gegenüber, der Heimat gegenüber erfüllt? Ist solch eine Kunst berechtigt oder hat die Kunst auch eine soziale Aufgabe?
Die dritte Ebene ist das 16. Jahrhundert. Im Gegensatz zu den ersten beiden Ebenen ist diese „aufmontiert“. Es ist das 16. Jahrhundert, die Zeit der Reformation, die Zeit von M. Luther. Diese Epoche kommt schon in der Bezeichnung vor. So heißt der Held des Volksbuches aus dem 16. Jahrhundert. Das Volksbuch von Doktor Faustus wurde im 16. Jahrhundert vom Verleger J. Spieß das erste Mal in Frankfurt gedruckt. Das ist eine Geschichte vom mittelalterlichen Alchemisten und Magier, von dem Wissenschaftler und Zauberer, der sich mit dem Teufel, dem Dämonischen verbündete. Und an diesem Dämonischen ist er zugrunde gegangen. Der Teufel holte seine Seele. Adrian Leverkühn wendet sich von der Gesellschaft ab, er wendet sich seiner Kunst zu. Schließlich schreibt er sein letztes Werk. Hier verfällt er in den Wahnsinn. Aber das 16. Jahrhundert kommt formell noch anders zum Ausdruck vor. Die meisten Namen, die gebraucht werden, stammen aus dem 16. Jahrhundert. Außerdem ist ein ganzes Kapitel in Frühneuhochdeutsch geschrieben, im Lutherdeutsch. Der Gehalt dieses Kapitels ist der Legende von Doktor Faustus entkommen.
Adrian Leverkühn erscheint der Teufel und er schließt mit dem Teufel einen Bund. Das ganze Kapitel ist ein Dialog zwischen Adrian Leverkühn und Teufel. Alles ist in Frühneuhochdeutsch geschrieben. Als die beiden Freunde in Halle studieren, haben sie Vorlesungen beim Professor Ehrenfried Kumpf. Ehrenfried Kumpf als Professor ist eine Parodie auf Luther, der Stil seiner Vorlesungen soll dem von Luther entsprechen. Die geschilderten Ausdrücke von Kumpf sind den Reden von Luther entnommen. Auch das Abendessen bei Kumpf ist eine Parodie auf Luthers Gewohnheit, seine Schüler und Freunde zu einer Mahlzeit einzuladen und auf Tischreden, die später veröffentlicht wurden. Warum nun wendet sich Th. Mann dem 16 Jahrhundert zu? Warum montiert er diese Zeitebene auf? In der Hitlerzeit fragt sich Th. Mann, wie es dazu gekommen ist, dass das deutsche Volk, das der Welt Goethe und Schiller, Kant und Hegel, Mozart und Beethoven die großen Vertreter des deutschen Volkes, die Menschlichkeit gepredigt haben, geschenkt hat, zum blutigen Mörder geworden ist, zu einem Volk, von dem sich die ganze zivilisierte Welt abwendet. Nun verfolgt Th. Mann die geistesgeschichtliche Entwicklung der deutschen Kultur. Dabei stellt er fest, dass schon im 16. Jahrhundert gerade bei Luther sich Züge bemerkbar machen, die sich auf Deutschland verderblich auswirkten. Gerade Luther hat in seinen Werken, vor allem im Traktat „Über die Freiheit eines Christenmenschen“ gelehrt, dass den Menschen zwei Freiheiten gegeben sind: zu glauben und zu denken. Die Glaubens- und Gedankenfreiheit ist jedem Menschen gegeben. Aber es gibt noch eine zweite Freiheit: die Freiheit des Menschen in der Gesellschaft, die politische Freiheit. Diese Freiheit ist dem Menschen nicht gegeben, denn jeder Staat eine Regierung hat, der sich jeder zu unterwerfen hat.
In allen weltlichen Dingen ist der Mensch ein Untertan. Der Mensch hat zu gehorchen und Befehle zu erfühlen; daraus folgt die Einstellung, dass der Untertanengeist eine Notwendigkeit ist. Deshalb, von dieser Position aus, befiehlt M. Luther die aufständischen Bauern wie tolle Hunde torzuschlagen. Dieser Untertanengeist, der nach M. Luther in Deutschland kultiviert wurde, führte dazu, dass im faschistischen Deutschland sich die meisten Menschen den verbrecherischen Befehlen und Anordnungen der Naziregierung unterwarfen.
Die Aufmontierung des 16. Jahrhunderts ist eine Auflage des Untertanengeistes, den Luther verbreitet hat und zugleich eine Anklage des Nationalismus, der nach Th. Mann auch seinen Anfang bei Luther nimmt. So deckt Th. Mann die historischen Wurzeln der faschistischen Weltanschauung auf, die verderblich wurde für das deutsche Volk und für alle Völker Europas.
Grundzüge der deutschen Romantik
Das 18. Jahrhundert ist das Zeitalter der Rationalismus. Die Vernunftphilosophie trägt nicht nur die Wissenschaft sondern auch die Kunst, vor allem die Literatur. Ratio, die Vernunft ist das Höchste, was den Menschen gegeben ist. Die Rationalisten, vor allem Voltaire, Rousseau, helfen die Französische Revolution vorzubereiten. Die Menschheit glaubt, dass man im Namen der Vernunft und mit Hilfe der Vernunft eine Gesellschaft schaffen kann, in der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit herrscht. Aber als sich 1789 das französische Volk zum Aufstand gegen das feudale Regime aufhob, die Bastille stürmte, auf den Barrikaden stand, glaubte es, dass eine neue glücklichere Welt entsteht. Doch es folgte die blutige Jakobiner Herrschaft, die Hinrichtung des Königspaares, die Krönung Napoleons zum Kaiser, die Napoleons Kriege, die Unterjochung fremder Völker. Die Umgestaltung des Lebens nach der Revolution mutete nichtig an, tiefer Pessimismus und große Enttäuschung verbreiteten sich, es vollzog sich eine Abwendung von Idealen der Aufklärung.
Dieser Prozess fand den Ausdruck im Romantismus. Ausschlaggebend für die romantische Weltanschauung war die Philosophie Fichtes, die auf subjektivem Idealismus gründete. Unter seinem Einfluss schafft Friedrich Schlegel die romantische Ästhetik. Es wird die Welt aus der Tiefe des Ich geschaffen. Es gibt keine objektive Welt, nur eine subjektive schafft jeder Mensch. Schlegel stützt sich auf Fichte und lehrt, dass in der Kunst der Dichter das Recht hat, ein Traumreich zu schaffen, etwas nicht Vorhandenes, nie da Gewesenes. So entsteht bei Romantikern eine idealisierte Welt: idealisierte Antike bei Hölderlin, idealisiertes Mittelalter bei Tieck, die Welt der blauen Blume bei Novalis, die Welt der Liebe von Jesus Christ. Diese romantischen Grundsätze werden in der Dichtung verschieden verwirklicht, abhängig von der Individualität des Künstlers.
Heinrich von Kleist (1777–1811)
Heinrich von Kleist ist in die deutsche Literatur als Dramatiker und Novellist eingegangen. Seine Dramen und seine Novellen sind ein glänzender Beitrag zur deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Er lebte in einer bewegten Zeit, in der Zeit der großen Französischen Revolution, in der Zeit der Kämpfe der deutschen Fürsten gegen die revolutionäre Freiheit, in der Zeit der Napoleonischen Kriege, der Napoleonischen Fremdherrschaft in Deutschland, in der Zeit der nationalen Erhebung. Eine bewegte Zeit, eine schwere Zeit. Nicht nur politisch, nicht nur militärisch, sondern auch ideologisch. Was ist gut? Was ist schlecht? Die Losung der Französischen Revolution: Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit? Der Kampf gegen das revolutionäre Frankreich, das die Deklaration der Menschenrechte proklamiert hatte? Ist er moralisch berechtigt oder nicht? Die Fremdherrschaft unter Napoleon beginnt. Napoleon, der den Napoleonischen Kodex geschaffen hat, der allen Menschen die Gleichberechtigung vor dem Gericht gibt?
Kleist lebt in dieser Zeit und er wird von den Kollisionen der Geschichte, vom Zusammenstoß verschiedener Ideologien hin und her geworfen. Kleist stammt aus einer alten, adeligen preußischen reichen Familie, alle seine Vorfahren sind Offiziere gewesen. Kleist soll nach der Familientradition auch ein Offizier werden. Er wird nach Potsdam in eine Militärschule geschickt, aber die Kasernendisziplin, die Grobheit in der Armee, die Grausamkeit stößt ihn ab. Er wendet sich an den König mit der Bitte, ihn von dem Militärdienst zu befreien. Als die deutschen Fürsten gegen die Mainzer Kommune kämpfen, die durch das revolutionäre Frankreich unterstützt werden, geht Kleist freiwillig an die Front. Als er die Grausamkeiten des Krieges erlebt, wird er beinahe Deserteur.
Nach der Entlassung versucht er in Frankfurt an der Oder zu studieren. Er befasst sich mit der Philosophie von Kant. Hier hofft er die Antwort zu finden. Aber auch die Philosophie kann nicht die Frage beantworten, was absolut gut und schlecht ist. Er verlässt die Universität. Er versucht sich als Landwirt in der Schweiz, auch das gibt ihm keine Befriedigung. Er wird Beamter, aber von der Bürokratie wendet er sich mit Entsetzung ab. Er findet eine Frau, in die er sich verliebt. Er verlobt sich und hofft, im Familienleben Glück zu finden. Bald wird auch die Verlobung aufgelöst. Danach versucht er als freier Schriftsteller zu leben, er gibt eine Zeitschrift in Berlin heraus. Er war ein Maximalist. Als er sich dem Schöpfertum zuwendet, will er der erste Dichter in Deutschland werden. Aber er hat keinen Erfolg. Seine Werke werden wenig beachtet. 1811 beschließt er, seinem Leben ein Ende zu setzen. 1811 begeht er in Berlin am Wannsee Selbstmord. So endet eines der tragischsten Dichterschicksale. Kleist ist in der deutsche Literatur vor allem als Dramatiker eingegangen: Komödie „Der zerbrochene Krug“, Tragödie „Prinz Friedrich von Homburg“, Nationaldrama „Die Hermannsschlacht“, Trauerspiel „Penthesilea“. Als Prosaiker ist er als Meister der Novellen bekannt. Die Novelle ist eben das Genre, das eine besondere Entwicklung in der Romantik erlebt. Sie setzt das Ziel, ein außergewöhnliches Ereignis, nie Dageweses darzustellen. Kleist ist gerade ein Meister der Novelle. Seine bekanntesten Novellen sind „Michael Kohlhaas“, „Das Erdbeben in Chili“.
Die Helden von Kleist sind außergewöhnliche Menschen, Maximalisten, beherrscht von Leidenschaft, Gefühl – in diesem Sinn sind sie die typischen Figuren der Romantik.
Heinrich Heine (1797–1856)
Der scheidende Sommer
Das gelbe Laub erzittert,
Es fallen die Blätter herab.
Ach, alles was hold und lieblich
Verwelkt und sinkt ins Grab.
Die Wipfel des Waldes umflimmert
Ein schmerzlicher Sonnenschein;
Das mögen die letzten Küsse
Des scheidenden Sommers sein.
Mir ist, als müßt’ ich weinen
Aus tiefstem Herzensgrund;
Dies Bild erinnert mich wieder
An unsre Abschiedstund’.
Ich mußte dich verlassen
Und wußte, du stürbest bald;
Ich war der scheidende Sommer,
Du warst der sterbende Wald.
Heinrich Heine steht schon am Ende der romantischen Periode. Er ist 20 Jahre jünger als Kleist. Er beginnt als Romantiker, aber ab 1825, als die neue Revolution vorbereitet wird, wendet er sich den neuen revolutionären Ideen zu, der Kritik der bürgerlichen Gesellschaft, die nach der großen Französische Revolution entstanden ist. Er schließt sich den politisch engagierten Vorwärtsliteratur an und ist Zeuge zwei neuer Revolutionen: der Revolutionen von 1830 und 1848. Obwohl Heine sich selbst einen entlaufenen Romantiker nennt, kann er sich des Einflusses der Romantik nicht entledigen und das romantische Lebensgefühl, der romantische Stil tritt in seinem Schaffen bis in die Spätzeit hinein sehr stark zu Tage.
H. Heine ist vor allem Lyriker. Daneben aber, da er sich häufig sein Lebensunterhalt als Journalist verdienen musste, schrieb er viele Essays, wie zum Beispiel „Die romantische Schule“, „Französische Zustände“ u. a. Auch in der Prosa versuchte er sich, mit wenig Erfolg aber. Die bekanntesten Erzählungen, die ausgesprochenen romantischen Charakter tragen, sind: „Die Florentinischen Nächte“ und „Rabbi von Bacharach“.
H. Heine ist im Rheingebiet, in Düsseldorf geboren, in einer jüdischen Familie. Er besuchte das Düsseldorfer Lyzeum, eine katholische Lehranstalt, in der er einerseits das Christentum kennenlernte, andererseits den preußischen Patriotismus und die Ideen der Aufklärung. Schon früh machte sich sein unruhiger artistischen Geist bemerkbar. Die Schule beendete er nicht. Daraufhin nimmt ihn sein Onkel Salomon zu sich in eine Kaufmannslehre. 1818 schenkt ihm sein Onkel ein Manufakturwarengeschäft. Nach einem halben Jahr ist das Geschäft bankrott. Nichts hasst er so wie die Krämerwelt. Mit 21 hat er nichts, arm am Beutel, krank am Herzen. Er verliebt sich in seine Kusine, in die Tochter des Onkels Amalia. Eine unglückliche Liebe. Seine ersten Liebesgedichte in seiner ersten Gedichtsammlung, die seiner unglücklichen Liebe gewidmet ist, schildern das Verhältnis zu Amalia. „Junge Leiden“, so heißt seine erste Gedichtsammlung. Onkel gibt ihm ein Stipendium, und H. Heine fängt an, an verschiedenen Universitäten zu studieren. Er studiert sechs Jahre, 1819-1825, in Bonn, Göttingen, Berlin. Dort lernt er die romantische Welt kennen, vor allem Schlegel in Bonn. In Berlin hörte er die Vorlesungen von Hegel. In Berlin verkehrt er mit Varnhagen von Ense, einem preußischen Diplomaten, einem Adligen, der eine schöngeistige Jüdin Rachel geheiratet hat. Sie hatte einen Salon. H. Heine verkehrte auch hier. 1825, nach seinem Studium, konvertiert er zum Protestantismus, in der Hoffnung, dass er dann eine Anstellung bekommen wird. Aber er bekommt keine Anstellung, macht eine Reise an die Nordsee und schreibt seinen berühmten Zyklus „Nordsee“.
1827 erscheint sein erster großer lyrischer Band, „Buch der Lieder“. In diesem Band finden wir seinen ersten Zyklus „Junge Leiden“, „Nordsee“ und andere. Um dieselbe Zeit (1825–1830) erscheinen auch vier Essays, die er unter Bezeichnung „Reisebilder“ zusammenfasst. Das sind „Die Harzreise“, „Die Nordsee“, „Englische Fragmente“ usw.
1830 bricht in Paris die zweite Revolution aus, die sog. Juli-Revolution. Begeistert von Ideen der Revolution, die sich in Deutschland verbreiten, beschließt er Deutschland zu verlassen und ins revolutionäre Frankreich zu gehen. „Ich bin der Sohn der Revolution. Ich bin ganz Freude und Gesang, ganz Schwert und Flamme“, schreibt er zur Zeit. Als er schon in Emigration lebt, verbietet der Bundestag in Deutschland alle seine Werke, sowohl die vergangenen als auch die zukünftigen.
In Frankreich lebend übt H. Heine bittere Kritik an der Rückständigkeit Deutschlands, vor allem in seinen Poemen: „Deutschland. Ein Wintermärchen“ und „Atta Troll“. Aber in den meisten seinen Gedichten spiegelt sich der Geist der deutschen Romantik wider. In Paris lernte er den französischen utopischen Sozialismus kennen, er lernt Karl Marx kennen, aber die Romantik konnte er niemals überwinden. Er heiratete eine Französin und dann traf ihn ein bitteres Los: er wurde gelähmt und zehn Jahre lag er in der „Matratzengruft“. 1856 ist H. Heine in Paris gestorben und wurde dort beigesetzt.
Heinrich Heine
Wo?
Wo wird einst des Wandermüden
Letzte Ruhestätte sein?
Unter Palmen in dem Süden?
Unter Linden an dem Rhein?
Werd’ ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh’ ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand?
Immerhin, mich wird umgeben
Gottes Himmel dort wie hier,
Und als Totenlampen schweben
Nachts die Sterne über mir.
(Auszüge aus den Vorlesungen von Ina Meiksinaitė aus den 1990er Jahren)